Gleitzeit, liebe Freunde des scharfen Messers.
Heute Nachmittag ist memo (ihr erinnert euch an den Hilferuf vor ein paar Tagen) mit seinem defekten Masterplott bei mir angereist.
Der Verkäufer stellt sich quer, gibt einerseits den Tip, mal vier Schrauben zu lösen um nachzusehen, ob ein Kabel ab war und im Nachhinein: "Potzblitz! Gerät geöffnet? Garantie weg! Schönes Leben noch!", stellt den Kunden als unfähig, das Gerät zu bedienen dar etc. weil das Deutsch von memo ziemlich gebrochen war... memo ist erst seit vier Jahren in Deutschland als Student... Das als Erklärung... Also wollte memo das Gerät nicht zum Verkäufer schicken, denn der meinte: "Wir überprüfen das. Wenn das Gerät in Ordnung ist, senden wir das für 150€ Bearbeitungsgebühren und Porto zurück". Schnell verdientes Geld, wenn wirklich nur ein Kabel los war, das sich "plötzlich" von selbst wieder aufgesteckt hat und der Plotter wirklich einwandfrei ist... Vom Prinzip her hält man sich so Kunden mit Reklamationen vom Leib. Ich war ein wenig säuerlich, als ich das alles so gehört hab.
Gut, also es ist ein Masterplott DG1351, die neue Variante mit USB *schauder*.
Erster Eindruck: Schei**e, ist der groß... Ein ziemlich breites Monster. Wiegt vielleicht zehn Kilo und macht eigentlich keinen allzu üblen Eindruck. Also: Strom an.
Sofort heulen zwei Lüfter auf, die das Papier ansaugen sollen. Laut isses schonmal... Aber das Display bleibt dunkel, kein Tastendruck hilft, der Plottkopf bewegt sich auch nicht.
Holla, der Kopf klemmt... Da haben wir ja schon den ersten Fehler: Der Kopf ist aus der Schiene gehüpft. läßt sich aber, da durch Federkraft die Führungsrollen gespannt werden, leicht wieder einsetzen. Hmmmmmm. Ein einfaches Alu-Profil, Kunststoff-Rollen, gefedert...? Präzise ist was anderes. Der Kopf wackelt merklich leicht in der Führung. Verschleiß vorprogrammiert, denke ich.
Hab mir gestern noch meinen alten Mimaki angesehen: Hier laufen die (Metall-)Kegelrollen auf zwei am Aluprofil montierten Stahlwellen entlang. Spiel? Fehlanzeige. Ja, der ist teurer, ich weiß.
Am rechten Seitenteil im Plotter grinst mich ein kleiner, roter Knopf an - wozu issn der? Aha. Der Plottkopf knallt dagegen, wenn er in die Ausgangsposition fährt - so kann man auch die Null-Position finden... Putzig.
Aber: Immer noch keine Reaktion vom Plotter, der klemmende, ausgehangene Kopf war's nicht. Also: Schwester! Bitte den großen Schraubendreher und die dicke Zange...!
Erstmal obere Verkleidung abgenommen, um das Display und das Bedienfeld inspizieren zu können. Sieht alles gut aus. Aber was ist DAS?!? Das Verbindungskabel Richtung Plotkopf ist ja eine dünne, flexible Platine. Die schlabbert aber nicht so einfach rum, sondern wird "stabilisiert". Soweit ganz ok, aber einen Teil eines ordinären Metall-Maßbandes (!!!?) dort vorzufinden, das hab ich nicht erwartet. Ihr kennt die Dinger, meistens in einem kleinen Gehäuse, rollen sich auf Knopfdruck wieder auf. Sind leicht gebogen, damit sie in ausgefahrenem Zustand gerade bleiben. So ein Ding in einem Plotter... Wie geil ist das denn...
Weiter forschen:
Beide Seitenverkleidungen durch Lösen von jeweils vier Schrauben entfernt. Linkes Seitenteil: Netzbuchse, Schalter, Sicherung. Sonst nix. Schade. Doch, da ist eine Schraube: die spannt den Zahnriemen für den Antrieb des Plotkopfs. Fein. Simpel, aber immerhin. Das ist in meinem großen HP Draftpro aber eleganter und wartungsfreier gelöst...
Rechtes Seitenteil: Elektronik. Aha, mein Gebiet!
Zwei wirklich popelige Platinchen mit nicht wirklich viel Bauteilen drauf. Eine große, darüber eine kleine. Die kleine hat obendrauf einen kleinen (geschätzt: 60x60mm) Lüfter montiert. Hm, der Lüfter ist nur mit einer Schraube festgemacht und wackelt. *pling* Aha. Zweite Schraube gefunden... Lag lose im Gehäuse. Mutter war auch noch da... Schraubensicherungslack? Neee... Finde einen Rest Heißkleber im Gerät... Weia... wie in meiner alten Firma..
Genauer anschauen: die kleine Platine sitzt irgendwie schief... von der kleinen Platine gehen die Strippen Richtung Display und Bedienteil... Aha... Es wird wärmer...!
Wie ist die kleine Platine denn befestigt...? Vorn sind zwei Abstandsbolzen, dadurch gehen zwei Schrauben. Fein. Hinten finde ich jetzt keinen Bolzen, aber da ist der Steckverbinder, der die untere mit der oberen Platine verbindet. Ob der Stecker nicht dort in die Buchse gehören mag....? Dann liegt die Platine auch gerade...
Blödkolben hat schon das Grinsen im Gesicht...
Kurz: Kleine Platine richtig aufgesteckt, Plotter an: Plotter sagt "Hallo!"
Geil-o-mat... Irgendwas in memo macht laut "plumps" - das war wohl der Stein, der auf seinem Herzen lag...
Wir haben dann die Möhre wieder zusammengeschraubt, ein Blatt Papier eingelegt und mangels Folie den Testschnitt per Kugelschreiber gemacht. Der Halter mit Mine lagen dem Plotter bei. Fein.
Test"schnitt" geht. Also: Plotter lebt wieder.
Nix Kunde zu dumm - Entwickler zu faul. Da gehören noch ein bis zwei Montagebolzen ins Gerät! Beim Transport muß der Karton nur auf die richtige Seite fallen, schon hüpft die Platine aus dem Sockel.
Weitere Eindrücke zum Gerät:
Es gibt zwei "Schneideleisten" im Gerät und auch zwei Halterungen für das Werkzeug am Plotkopf: Eine weiche und eine harte Leiste. Cool.
Die Gridrollen sind fast durchgehend, aber scharf sind die ja mal gar nicht. Mein Mimaki ist da deutlich bissiger, der alte HP Draftpro fühlt sich dort an wie grobes Schmirgelpapier - superscharf und griffig. Es gibt vier (!) Andruckrollen, die in der Andruckkraft verstellbar sind und alle einzeln angehoben und abgesenkt werden können. Eigentlich ganz gut, aber wenn wirklich mal ein superbreites Medium eingelegt wird, das läßt sich dann zwar super transportieren mit vier Druckrollen, aber leider hinterlassen die doch eine ziemlich häßliche Spur auf der Folie!
Immerhin ist man ziemlich frei in der Positionierung und Breite des Mediums.
Von meinem HP und Mimaki liebgewonnene Eigenschaften fehlen aber völlig: Medium-Sensoren.
Weder die Breite noch die Länge des eingelegten Mediums wird festgestellt. Wer sich hier beim Eintippen der Mediengröße im Schneideprogramm vertippt oder schlicht pennt, hat die Chance zu beobachten, warum das komische weiße Ding unter dem Plotkopf "Schneidleiste" ist. Gnadenlos sägt das Ding da rein. Papier zu ende? Der spuckt das einfach aus und macht weiter.
Artcut haben wir an memo's Notebook nicht zum Laufen bekommen - die USB-Geschichte lief nicht so wie erwartet, aber wir haben auch nicht lange probiert, das ist Software und Software ist nicht mein Gebiet...
Ich habe dann direkt aus Corel-Draw eine HPGL-Datei erzeugt, die ich in der Eingabeaufforderung über Com2: mit MEINEM Notebook an den Plotter geschickt habe.
Jetzt verstehe ich auch die Frage, die mal im Forum gestellt wurde: Der hört sich an wie ein Videospiel... Mieeeep, möööööööp, mip, mip, mip, möööööööööööp.... Grausam.
Mal den Kopf bewegen, mal die Gridrollen drehen. Aha. Schrittmotoren.
Servomotoren wären zu aufwendig und teuer gewesen, denke ich.
Aber er malt zumindest. (Solange, bis er das Papier ausgespuckt hatte, dann hat er die weiße Leiste blau gemalt...)
Vom Zeichnen her war ich bei Schrägen doch ziemlich erschrocken: Das war eine relativ deutlich ausgebildete Treppe - die Auflösung ist wohl nicht so dolle... Aber das kann Einstellungssache sein. Warum der im Lieferzustand "schei**e" ist, verstehe ich aber nicht, wenn er genauer könnte, sollte es meiner Meinung nach die Grundeinstellung sein?!?
Ich hab auch ganz viele Bilderchen gemacht, aber da hab ich jetzt keinen Bock mehr drauf. Wenn mir nochwas einfällt, schreib ich den Rest oder editiere das Ganze.
Mal sehen. Bin jetzt müde. :o
Mein Fazit: Das Ding hat 450€ gekostet. Wenn man mal davon absieht, daß er nicht funktioniert hat und ohne mein Eingreifen jetzt immer noch tot in der Ecke stehen würde, weil der Verkäufer das Prinzip mit der Gewährleistung nicht begriffen hat, finde ich den Preis für die Leistung ok.
Man muß halt mit diversen Einschränkungen leben, und ob man das kann oder will - das lasse ich mal im Raum stehen. Ich finde, der 1351er macht überhaupt keinen Sinn, wer braucht SO ein breites Gerät, das eine sehr zweifelhaftige Genauigkeit aufweist? Hobbyplotter? Nee, oder? Wenn ich jede Woche je nach Laune meinen Sprinter neu beschriften würde, vielleicht.
Profis im Sinne von "professionell", also gewerblich nutzen? Nee, mit Sicherheit nicht! DIE Leute werden mit den Einschränkungen dieses Gerätes nicht einen einzigen Tag leben wollen.
Geiz ist geil, iss klar. Aber GEIST ist geiler...! Hier ist Sparen sehr kurzfristig gedacht.
In diesem Sinne,